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Zahlen Bitte! Aber wie?

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Strom kostet Geld. Aber wie Ladesäulenbetreiber diesen abrechnen ist unterschiedlich. Gibt es eine optimale Lösung?

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in ein Restaurant. Nach dem Essen verquatschen Sie sich noch bei einem Glas Wein. Als der Kellner dann die Rechnung bringt, trifft Sie der Schlag. Dort stehen nicht wie üblich die verzehrten Speisen und Getränke. Vielmehr stand der Kellner mit der Stoppuhr hinter dem Tresen und verlangt nun einen Minutentarif, für die Zeit die Sie im Restaurant saßen. Der Rechnungsbetrag ist dabei fünf mal höher, als normal. Sicher würde es zu Diskussionen kommen.

Kein Gastronom, der will dass Sie wiederkommen, würde so etwas machen. Unter Umständen kann Ihnen das an einer Ladesäule aber genau das passieren. Aber von vorne. Derzeit gibt es nicht nur einen Kartendschungel, um elektrisch durchs Land reisen zu können – auch bei der Abrechnung des geladenen Stroms herrscht alle andere als Einigkeit.

Von kostenlos bis unverschämt

Wie und ob die Anbieter abrechnen unterscheidet sich teilweise erheblich. Derzeit gibt es vier Varianten, wie man für den Strom bezahlt.

Kostenlos: Für viele Betreiber lohnt sich eine Abrechnung nicht. Noch nutzen zu wenig Fahrzeuge deren öffentliche Ladesäulen. Der Aufwand für eine Abrechnung wäre größer als der „verschenkte“ Strom kostet.

Pauschal: Man zahlt einen festen Betrag für einen bestimmten Zeitraum. Dafür kann man so viel Laden wie man möchte.

Zeitbasiert: Solange das Auto an der Ladesäule hängt, laufen die Kosten. Unabhängig vom verbrauchten Strom oder ob das Fahrzeug schon fertig geladen hat.

Verbrauchsbasiert: Abgerechnet wird der tatsächlich verbrauchte Strom. Also wie man es von zu Hause gewöhnt ist.

Kostenlose Ladesäulen freuen das Elektrofahrerherz natürlich am meisten. So wird Elektroauto fahren richtig günstig. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass die Anbieter auf ewig ihren Strom verschenken. Pauschalen lohnen sich in der Regel nur für Viellader. Also Menschen die fast ausschließlich öffentlich laden. Für Leute die nur gelegentlich an der Säule eines solchen Anbieters laden oder nur auf der Durchreise sind, sind solche Tarife unattraktiv.

Sind Ladeparker ein Problem?

Das Problem bei der zeitbasierten Abrechnung ist, dass verschiedene Elektroautos mit unterschiedlicher Leistung laden können. Wer schnell viel Strom laden kann ist denen gegenüber im Vorteil, die nur mit geringen Leistungen laden können. Zudem laufen oft die Kosten auch weiter, wenn das Fahrzeug voll und die Ladung längst beendet ist. Nicht immer kann man zudem direkt zum Auto zurück, wenn der Akku voll ist. Etwa weil man im Kino sitzt, in einer Besprechung ist, gerade beim Zahnarzt auf dem Stuhl liegt oder mit Bus und Bahn weitergefahren ist.

Bleibt noch die verbrauchabhängige Abrechnung. Dabei zahlt jeder nur das was er „getankt“ hat. Hier könnte es aber zum Problem werden, dass findige Elektrofahrer an solchen Säulen mit eingestecktem Ladekabel parken – sogenannte Ladeparker. So sind zum Beispiel in Berlin die Stellplätze an den Ladesäulen kostenfrei. Also Auto angestöpselt, für 2,50 Euro Strom „getankt“ und eine Woche kostenlos in bester Lage geparkt. Das ist nicht besonders nett, aber leider gibt es Menschen, denen ist das piepegal.

Warum einfach, wenn es auch umständlich geht?

Aber was wollen die Elektrofahrer? Ich habe im größten Elektrofahrer-Forum, GoingElectric.de, nachgefragt. Die Ergebnisse sind sicher nur eingeschränkt repräsentativ. Die Richtung der Antworten ist trotzdem eindeutig. Stand heute 21 Uhr haben sich 90 Personen an der Abstimmung beteiligt. Nur 12 Prozent bevorzugen eine zeitbasierte Abrechnung. 49 Prozent schätzen das Problem von Ladeparkern als nicht relevant ein und stimmen für eine reine Verbrauchsabrechnung. 19 Prozent wollen die maximale Standdauer durch eine Parkscheibe beschränken. Und 20 Prozent plädieren dafür, nach einer bestimmten Standdauer zusätzlich eine zeitabhängige Gebühr zu erheben. Damit plädieren insgesamt 88 Prozent für eine verbrauchsabhängige Abrechnung.

Wer eine Ladesäule aufstellt hat natürlich ein Interesse daran, dass dort auch möglichst viele Strom kaufen. Es ist also auch nicht in seinem Interesse, dass dort jemand sein Elektroauto dauerhaft abstellt. Die EnBW hat das Kind direkt mit dem Bade ausgeschüttet und setzt ausschließlich auf zeitbasierte Abrechnung. Da kann dann eine Kilowattstunde auch schon mal 1,70 Euro kosten. Und wer nach Ladeende nicht direkt zum Auto flitzt und es umparkt, wird richtig zu Kasse gebeten. Denn dort kostet die Stunde bis zu fünf Euro. RWE rechnet, vorausgesetzt man hat bei RWE oder einem Partner* einen Vertrag, nach Kilowattstunden ab. The New Motion rechnet an seinen eigenen Ladestationen ebenfalls größtenteils nach Verbrauch ab. Den Vogel schießt aber die wohl teuerste Stromtankstelle Deutschlands in Neustrelitz ab. Der Mindesttarif beträgt 13 Euro für zwei Stunden. Mit einem eGolf kostet die Kilowattstunde dann 1,75 Euro. Selbst mit einem Fahrzeug, dass mit 22 Kilowatt laden kann, legt man noch 60 Cent für die Kilowattstunde hin. Dafür hat die Säule auch nur Mittwochs bis Sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Bei solchem Service zahlt man natürlich gerne etwas mehr.

Dynamisch reagieren

Eine verbrauchsabhängige Abrechnung ist sicher die fairste und kundenfreundlichste Methode. Sollten sich an bestimmten Hotspots regelmäßig Ladeparker breit machen, muss in einer ersten Stufe die maximale Standzeit mit einer Parkscheibe begrenzt werden. Hier sind die Energieversorger gefragt, mit den Nutzern und dem Parkraumbewirtschaftern, also in der Regel den Kommunen, im Gespräch zu bleiben, Probleme zu erkennen und angemessen zu reagieren. Denn eine Parkscheiben-Regelung bringt nur dann was, wenn die Kommunen auch kontrollieren. Das dürfte an den meisten Hotspots jedoch ohnehin der Fall sein.

Sollte auch die Parkscheiben-Regelung nicht greifen und die Ladeparker verscheuchen, dann erst sollten die Energieversorger die nächste Stufe zünden und die verbrauchsabhängige und die zeitbasierte Abrechnung kombinieren. Nach einer bestimmten Standzeit beginnt dann die zeitabhängige Abrechnung zu laufen. Ob diese nach einer generellen Zeit oder erst nach einem bestimmten Zeitraum nach dem Ladeende beginnt, kann man im Einzelfall diskutieren. Wichtig ist, dass dem Kunden die Kosten über ein Display an der Säule, in der App, Aushang oder Beschilderung transparent gemacht werden.

Das Problem zeigt, dass es mit dem Aufstellen einer Ladesäule nicht getan ist. Die Anbieter müssen sich mit den Nutzerinnen und Nutzern auseinandersetzen und attraktive Angebote schaffen. Sie müssen auf Probleme dynamisch reagieren und nach sinnvollen Lösungen suchen. Gerade für die Energieversorger müsste ein Erfolg der Elektromobilität ein wichtiges Ziel sein. Denn einem Elektroautofahrer können sie sehr viel Strom verkaufen. Wer Clever ist, sichert sich schon früh seinen Kundenkreis und überzeugt mit vernünftigen Angeboten und gutem Service. Dazu gehört auch das Thema Roaming. Aber das ist dann wieder eine eigene Geschichte.

Übrigens: Der nette Elektrofahrer legt beim Laden immer eine Ladescheibe ins Auto.

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