Der Kia Soul EV gehört wohl zu den unscheinbarsten Elektroautos auf dem Markt. Dabei braucht er sich eigentlich nicht zu verstecken.
Endlich bekomme ich einen Kia Soul EV mal aus der Nähe zu sehen – und ich darf auch gleich noch fast zwei Wochen damit herumfahren. Auf deutschen Straßen ist der elektrische Soul bisher selbst für ein Elektroauto ein sehr seltener Anblick.
Abgesehen vom Antrieb unterscheidet sich der elektrische Soul nur in einigen Details von den rauchenden Souls. Am markantesten unterscheidet sich die Front. Statt eines Designelements findet sich beim Soul EV hier die Klappe hinter der sich die Ladeanschlüsse verbergen. Der Soul ist also ebenfalls ein Nasenlader. Ansonsten weisen kleine „Eco electric“ Embleme auf den Kotflügel und dem Heck auf den besonderen Antrieb hin.
Wer im Kia Soul EV sitzt und das Auto startet, merkt dagegen gleich, dass es ein Elektroauto ist. Statt dem dröhnenden Erwachen eines Verbrennungsmotors ertönt beim Druck auf den Start-Knopf nur eine leise Begrüßungsmelodie und die Displays erwachen zum Leben. Doch bevor es auf leisen Reifen losgeht, lohnt sich ein Blick auf den Innenraum.
Komfort, Komfort, Komfort
Die Mittelkonsole dominiert ein acht Zoll großer Touchscreen für die Navigation, das Multimedia-System und den Bordcomputer. Unter dem Display finden sich die Einstellungen für Heizung und Klimaanlage. Eine Besonderheit des Soul EV ist die Funktion „Driver Only“ bei der die Klimatisierung nur den Fahrerplatz mit kalter oder warmer Luft versorgt. Das soll zusätzliche Reichweite bringen. Neben der Sitzheizung verwöhnt bei Bedarf auch eine kühlende Sitzlüftung Rücken und Gesäß der Fahrerin. Die Sitzlüftung ist wie auch die Sitzheizungen auf den äußeren Sitzen im Fond Teils des Komfort-Pakets.
Serienmäßig bietet der Kia Soul EV in der Mittelkonsole einen USB- und Aux-Anschluss. Zudem gibt es eine 12 Volt Steckdose. Das Komfort-Paket bringt eine zusätzliche 12 Volt Steckdose in der Mittelkonsole und noch eine im Kofferraum. Ablagen finden sich im Kia Soul EV ohne Ende. Im Fahrzeughimmel gibt es ein Brillenfach, in der Mittelkonsole zwei Getränkehalter, ein großes Kruschfach unter der Armlehne und noch weitere kleine offene Ablage. In allen vier Türen sind Ablagen, in die auch größere PET-Flaschen passen. Das Handschuhfach ist ebenfalls ausreichend groß.
Das Multifunktionslenkrad ist mit reichlich Knöpfen bestückt, in der sich vom Anruf bis zur Tempomatsteuerung alles einstellen lässt. Es empfiehlt sich, sich vor Fahrtantritt mit den ganzen Knöpfen und Schaltern vertraut zu machen. Auf der Höhe des linken Knies der Fahrerin finden sich noch ein paar Knöpfe – etwa um die Ladeklappe vorne zu entriegeln oder die serienmäßige Lenkradheizung einzuschalten.
Spritzig auch bei höheren Geschwindigkeiten
Jetzt aber endlich losfahren! Ich habe den Testwagen in Darmstadt abgeholt und die erste Fahrt ging direkt über die Autobahn nach Stuttgart. Kia hat ähnlich wie beim Mitsubishi iMiEV die Kennlinie des Strompedals abgeflacht. So zerren nicht aus dem Stand die vollen 285 Newtonmeter und gut 81 Kilowatt an der Vorderachse. Das erspart der Schlupfregelung etwas Arbeit, nimmt aber ein bisschen Spaß beim Ampelstart. Wenn er dann die volle Leistung hergibt, schiebt der Elektroantrieb die etwa 1,6 Tonnen Kia Soul EV resolut nach vorne. Den Sprint von 0 auf 100 soll er in 11,2 Sekunden schaffen. Bei 145 Stundenkilometer regelt der Motor ab und der Vortrieb findet ein jähes Ende. Überraschend war beim Soul EV, dass er auch bei Geschwindigkeiten über 100 Stundenkilometern dynamisch beschleunigt. Dabei hängt er – wie für ein Elektroauto typisch – direkt am Strompedal. Jede Bewegung mit dem rechten Fuß macht sich direkt auf dem Tacho bemerkbar.
Leider machen sich solche Bewegungen auf der Autobahn auch direkt auf der Batterieanzeige bemerkbar. Der Kia Soul EV ist kein Wunderwerk der Aerodynamik und steht eher wie ein Kühlschrank im Fahrtwind. Da der Luftwiderstand mit dem Quadrat der Geschwindigkeit ansteigt, wird der Soul auf der Autobahn richtig durstig. Dank seiner 27 Kilowattstunden großen Batterie, kommt er trotzdem auf der Autobahn bei 110 bis 120 Stundenkilometern etwa 150 Kilometer weit. Über den gesamten Testzeitraum lag der Durchschnittsverbrauch nach gut 2.200 Kilometern bei 15,4 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Dabei musste der Soul viele Autobahnkilometer bewältigen aber auch auf Landstraßen durch Österreich und die Silvretta-Hochalpenstraße bis auf 2.032 Höhenmeter erklimmen.
Einstiegsmodell ohne Schnellladung
Den Kia Soul EV gibt es in zwei Ausstattungsversionen. Das Einstiegsmodell Plug und den besser ausgestatten Play. Der Plug hat weder einen CHAdeMO-Schnellladeanschluss, noch eine Wärmepumpe oder Batterieheizung. Der Testwagen war glücklicherweise ein „Play“-Modell mit Komfort-Paket. Was man mit einem Elektroauto ohne Schnellladefunktion anfangen soll, ist mir ein Rätsel.
Bei der Tour durch Österreich haben der Soul EV und ich an einem Tag über 700 Kilometer zurückgelegt. Frischen Strom gab es unterwegs ausschließlich an CHAdeMO-Ladesäulen. Die Wärmepumpe hat auch auf Passhöhe bei vier Grad für eine angenehme Wärme im Auto gesorgt. Dabei hat sie nicht wirklich viel Energie zu benötigt oder alle umliegenden Täler beschallt. Mit CHAdeMO kann der Kia Soul EV mit maximal 62 Kilowatt Leistung laden. Die allermeisten Ladesäulen bieten jedoch nur 50 Kilowatt an. Auch damit ist der Soul 33 Minuten von null auf 80 Prozent geladen. Bei 84 Prozent beendet der Soul automatisch die Ladung und gibt den Stecker frei. Zwar kann man die Ladung manuell wieder starten, doch dauert es dann nochmal über 30 Minuten die restlichen 16 Prozent zu laden.
Neben dem CHAdeMO-Anschluss hat der Soul EV noch eine Typ1-Buchse zum Laden an Wechselstrom. Serienmäßig kann der Soul EV über diesen Anschluss einphasig mit 28,5 Ampere beziehungsweise 6,6 Kilowatt laden. Damit dauert eine Vollladung vier bis fünf Stunden. Das passende Typ2-Typ1 Ladekabel kostet allerdings knapp 360 Euro extra. Serienmäßig liegt ein Ladekabel für die normale Steckdose bei. Damit dauert eine Vollladung bis zu 15 Stunden.
SUV?
Laut Kia ist der Soul ein SUV. Jedoch erinnert allein die hohe Sitzposition und etwas klobige Form an ein SUV. Die Fahrgastzelle ist sehr geräumig. Durch das hohe Dach ist der Soul EV eine gute Alternative für Sitzriesinnen, die etwa in der ZOE den Kopf einziehen müssten. Auch auf der Rückbank haben zwei Mitfahrerinnen bequem Platz. Dank des fehlenden Getriebetunnels, kann auch in der Mitte der Rückbank noch eine weitere Person problemlos sitzen. Gepäcknetze an den Rückseiten der Vordersitze bieten weiteren Verstauraum. Und diesen Raum kann man im Soul gut gebrauchen – denn der Kofferraum ist verhältnismäßig klein. Gerade mal 281 Liter passen in den Laderaum. Legt man die zwei zu eins geteilte Rückbank um, erhöht sich das Ladevolumen auf 891 Liter. Leider ist die Ladefläche bei umgelegten Sitzen nicht eben. Ladekabel; Warndreieck und ander Kleinkram verschwinden im doppelten Boden des Kofferraums und nehmen so nicht von dem knappen Platz weg.
Vom Komfort liegt der Soul zwischen der Hartplastikfranzösin ZOE und dem Nissan Leaf. Wobei er deutlich näher am Leaf dran ist. Die Lenkung des Soul ist aber direkter als beim Leaf und lässt sich auf Wunsch in drei Stufen einstellen.
Für Unterhaltung sorgt das Multimediasystem. Neben gewöhnlichen UKW und MW-Radio hat der Soul EV das Digitalradio DAB+ serienmäßig an Bord. Die Empfangsqualität bei DAB ist sehr gut und ich hatte auch auf Nebenstraßen kaum Aussetzer. Bluetooth, USB und iPod-Steuerung sind ebenfalls standard. Im Stand kann man auf dem Display sogar Videos von USB-Medien wiedergeben. Also für den nächsten Ladestopp einfach ein paar Folgen der Lieblingsserie mitnehmen. Der Klang der Soundanlage könnte deutlich besser sein. Das ist im Soul EV leider nichts Besonderes.
Facelift 2017?
Alles im allem ist der Soul ein gelungenes Elektroauto. Mit seinem 27 Kilowattstunden-Akku ist er aber bald nicht mehr konkurrenzfähig und droht noch mehr in der Nischennische zu verschwinden. Der knatternde Soul hat vor wenigen Monaten ein Facelift spendiert bekommen. Hier gibt es jetzt unter anderem einen adaptiven Tempomaten. Das Facelift für den elektrischen Soul soll 2017 kommen. Was man hört, wird Kia in Europa dann von CHAdeMO auf CCS umsteigen. Ob und um wie viel größer der Akku werden soll, steht derzeit noch in den Sternen.
Wie bei jedem Auto auf dieser Welt gibt es natürlich auch am Soul etwas auszusetzen. Daher kommt jetzt die Meckerecke. Dabei will ich gar nicht über das Design reden. Denn die Geschmäcker sind verschieden. Da muss sich jeder selbst entscheiden, was gefällt und was nicht. Vielmehr hat der Soul ein paar kleine objektive Schwächen.
Meckerecke
Im Navigationssystem zeigt der Soul zwar reichlich Ladestationen in ganz Europa an, leider fehlt jegliche Information zur Ladestation. Ob es sich um eine vergammelte Schuko-Steckdose, eine Typ2-Säule oder gar einen dicken CHAdeMO-Lader handelt erfährt man erst, wenn man die Ladesäule im Navi ansteuert. Nett gedacht von Kia aber wenn man nicht alle Ladesäulen kennt, in der Praxis völlig unbrauchbar.
Der Tempomat macht von der Haptik einen schlechten Eindruck – nicht nur, dass nirgends die eingestellte Geschwindigkeit angezeigt wird, auch die Einstelltasten reagieren träge. Welcher Logik die Batterie- und die Leistungsanzeige folgen, hat sich mir auch nach über 2.200 Kilometern nicht erschlossen. Die Batterieanzeige ist nicht linear. Bei der Leistungsanzeige kann ein Balken mal für 10 Kilowatt und mal für 15 Kilowatt stehen. Dafür gibt es im Bordcomputer recht detaillierte Informationen über den Energieverbrauch von Motor, Klimatisierung und Bordelektronik.
Die Serienreifen Nexen Nblue HD haben auf nasser Fahrbahn deutliche Schwächen gezeigt. Gerade in engen Kurven oder Autobahnausfahrten hätte ich mir etwas mehr Grip gewünscht.
Fährt Hipster und Kleinfamilien
Der kleine Kofferraum war oben schon Thema. Der Kia Soul EV ist also keine Reiselimousine für die Familie mit drei Kindern. Für den urbanen Single oder das Hipsterpärchen ist der Soul genau das richtige Auto. Wenn es mal was größeres zu transportieren gibt, lassen sich die Rücksitze umlegen. Falls es mal ein bisschen weiter gehen soll, schafft der Soul EV dank Schnellladung auch längere Strecken. Ansonsten ist der Soul EV der ideale Zweitwagen. Die Sportsachen der Kinder schluckt der Soul problemlos. Den Wocheneinkauf für eine dreiköpfige Familie bekommt man auch unter. Kindersitze lassen sich durch die hohe Sitzposition leicht ein- und ausbauen.
Der Soul kostet in Deutschland ohne Kaufprämie 28.890 Euro in der Version Plug und 30.790 Euro in der Version Play. Der CHAdeMO-Anschluss, die Wärmepumpe und Batterieheizung sind den Aufpreis aber wert. Für den Play gibt es noch das Komfortpaket für 1.400 Euro und ein 990 Euro teures großes Panoramadach. Das Dach allerdings nur in Kombination mit dem Titaniumsilber-Metalliclack.
2015 war der Soul EV in Deutschland eines der meist neu zugelassenen Elektroautos. Auf der Straße hat man aber trotzdem nur selten welche gesehen. Kia hat die Fahrzeuge zugelassen und direkt wieder abgemeldet und nach Norwegen exportiert. Durch eine Gesetzeslücke konnte Kia so seinen Flottenverbrauch in der EU senken. Dank der guten Förderung im nicht EU-Mitglied Norwegen, hat Kia die Autos noch gut verkaufen können. 2016 fiel Kia bisher nicht mit so hohen Zulassungszahlen wie 2015 auf. Allein im Oktober lag Kia mit 372 Einheiten mal wieder auf Platz 1. Von Mai bis Oktober wurden insgesamt 1.050 Kia Soul EV in Deutschland neu zugelassen, gleichzeitig gab es aber nur 220 Förderanträge für die Umweltprämie. Kia schönt also wohl weiter mit Tageszulassungen seine CO2-Bilanz. Wobei das völlig legal ist und Kia nur geltendes Recht nutzt. Es wäre also dringend notwendig, dass der Gesetzgeber von europäischer Seite solchen Rechentricks einen Riegel vorschiebt.
Das Testfahrzeug wurde mir kostenlos von Kia Deutschland zur Verfügung gestellt. Die Überführung des Fahrzeuges von und nach Darmstadt habe ich selbst bezahlt.
Weiterführende Links
- Kia Deutschland: Soul EV – Details und Konfigurator
- Kia Deutschland: Soul EV – Broschüre und Preisliste (ZIP/PDF)
- Goingelectric.de: Kia Soul EV Forum
- Bildergalerie auf Flickr (Bilder: © Jana Höffner, Verwendung nur mit Genehmigung)
Bildergalerie


















































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